Hintergrundwissen - Stand von Wissenschaft und Technik
Ein Großteil der auf den Menschen wirkenden nicht natürlichen ionisierenden Strahlung fällt in der Medizin an. Die in der medizinischen Diagnostik und Therapie genutzten Radioisotope werden mit Hilfe von Kernreaktionen entweder in Kernreaktoren oder in Beschleunigeranlagen hergestellt. Bei dem am häufigsten verwendeten Radioisotop für die Diagnostik handelt es sich um Technetium-99m (99mTc). 99mTc (Halbwertszeit 6 h) wird aus Molybdän-99 (99Mo) (Halbwertszeit 66 h) erzeugt. Etwa 80 % aller nuklearmedizinischen Untersuchungen werden mit 99mTc durchgeführt, das entspricht weltweit etwa 40 Millionen Untersuchungen pro Jahr, wovon etwa ein Viertel in Europa stattfinden. In Deutschland werden ca. 60.000 Untersuchungen pro Woche durchgeführt, was einem Verbrauch von fast 10 % des weltweiten Jahresbedarfs an 99mTc entspricht. Aufgrund ihrer begrenzten Halbwertszeit führen Unterbrechungen in der Versorgungskette dieser medizinischen Isotope leicht zum Ausfall oder zur Verzögerung wichtiger medizinischer Untersuchungen, was wiederum Auswirkungen auf die Patienten, ihre Behandlung und ihre Gesundheit hat.
99Mo wird konventionell bei der Spaltung von 235U mit thermischen Neutronen erzeugt, die in einem Reaktor mit hohem Neutronenfluss auf mit 235U angereicherte Uran-Targets einwirken. Diese Produktion von 99Mo ist aufgrund des hohen Spaltquerschnitts von 235U (585 b) für thermische Neutronen und der hohen kumulativen Spaltausbeute von 99Mo (6,1 %) sehr effektiv. Gegenwärtig werden weltweit etwa 962 6-Tage-TBq pro Woche 99Mo von etwa 11 Reaktoren ausgeliefert, davon entfällt knapp die Hälfte auf nur 2 Reaktoren. Bei der radiochemischen Abtrennung von 99Mo aus den Uranspaltprodukten entstehen jedoch erhebliche Mengen radioaktiver Abfälle, die entsorgt werden müssen, einschließlich Maßnahmen zur Nichtverbreitung spaltbaren Materials. Da für diesen Prozess sowohl geeignete Forschungsreaktoren als auch hochangereichtertes 235U benötigt werden, wird intensiv an alternativen Erzeugungsmöglichkeiten geforscht.
Ein alternativer Weg zur Herstellung von 99Mo basiert auf der Neutroneneinfangreaktion 98Mo(n,γ)99Mo bei der Bestrahlung von natürlichen oder mit 98Mo angereicherten Mo-Proben mit Neutronen. Am Ort der Bestrahlung der Probe ist ein hoher (epithermischer) Neutronenfluss erforderlich, um eine vertretbare 99Mo -Aktivität zu erreichen. In Spallationsneutronenquellen oder in niederenergetischen Beschleuniger-betriebenen Neutronenquellen können solche Neutronenflüsse erreicht werden.
99Mo kann auch über die Photo-Neutronen-(γ,n) oder Photo-Spaltungsreaktion (γ,f) gewonnen werden. Hier entfernt ein intensiver, von einem Elektronenbeschleuniger erzeugter Photonenstrahl ein Neutron aus einem 100Mo -Target oder führt zur Spaltung in einem Uran-Target. Mit einem 100Mo -Target kann auch an einem Beschleuniger durch (p,pn)-Reaktion direkt 99mTc erzeugt werden. Die Herstellung von 99Mo durch Photo-Neutronen- oder Photo-Spaltungsreaktion ist aufgrund der hohen thermischen Leistungsdichte, die im Targetmaterial deponiert wird, eine technische Herausforderung. Derzeit wird davon ausgegangen, dass die Produktionsrate von 99Mo durch diese Techniken im Vergleich zu Reaktorquellen 50-100 mal geringer ist. Darüber hinaus ist es erforderlich, ein MW-Elektronen-Linac zu bauen und zu betreiben.
Für die Verwendung von 99mTc wird in der Regel das 99Mo chemisch abgetrennt und auf einer chemischen Trennsäule (Generator) fixiert. Dabei entstehen nennenswerte Mengen radioaktiver Abfälle. Nach dem Zerfall von 99Mo in 99mTc kann dieses mit einer Kochsalzlösung eluiert werden. Das längerlebige 99Mo bleibt fixiert, und nach einigen Stunden kann erneut nachgebildetes 99mTc aus dem Generator eluiert werden.
Fast alle Nuklearreaktoren, die weltweit 99Mo produzieren, sind seit Jahrzehnten in Betrieb und stehen in naher Zukunft vor dem Ende ihrer Betriebszeit. Für den HFR Reaktor in den Niederlanden, der knapp 25% der aktuellen Weltproduktion an 99Mo liefert, entsteht derzeit der Nachfolgereaktor PALLAS, der 2026 in Betrieb gehen soll.
Aufgrund der kurzen Lebensdauer von 99Mo ist eine kontinuierliche Produktion auf dem im Gesundheitswesen benötigten Niveau von entsprechend hoher Bedeutung. Mit der Reduktion an Nuklearreaktoren für die Isotopenproduktion, wächst das Risiko durch Ausfallzeiten der verbleibenden Anlagen und damit der zeitweisen Nichtverfügbarkeit dringend benötigter medizinischer Radioisotope. Alternativen zur Sicherung der Verfügbarkeit von 99Mo sind entsprechend hochaktuell. Beschleuniger-basierte Neutronenquellen mit Energien unterhalb der Spallation stellen hier eine attraktive Option dar, da sie
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die Neutronen in Metalltargets mit hohem Z-Gehalt (z.B. Ta, W) erzeugen.
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kein spaltbares Material als Target verwenden, so dass die hohen sicherheitstechnischen Anforderungen hinsichtlich Strahlenschutz, Transport und der Handhabung von Spaltmaterialien wie Uran-haltigen Brennelementen nicht anfallen. Fragen zur Nichtverbreitung von kernwaffenfähigem Material sind ebenfalls nicht relevant.
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die Mo-Targets zur Erzeugung von 99Mo getrennt und unabhängig vom Neutronentarget bestrahlen und diese sich dadurch direkt prozessieren lassen.
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nicht den Beschränkungen unterliegen, die mit einer Genehmigung gemäß §7 AtG verbunden sind und durch die Möglichkeit, den Beschleuniger nach Belieben ein- und ausschalten zu können einen kostengünstigen Betrieb bieten.
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eine skalierbare Technologie darstellen, mit der lokal betriebene Anlagen denkbar sind.
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neben der 99Mo -Produktion parallel auch für andere Anwendungen von Neutronen, wie Neutronenstreuung und -analyse, genutzt werden können (dies ist analog zu Forschungsneutronenreaktoren).
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am Ende ihrer Lebensdauer eine relativ kostengünstige Stilllegung ermöglichen, da die Hauptbestandteile im Laufe der Betriebszeit weniger stark kontaminiert und aktiviert werden.
Die durch den Betrieb der Targets und die Aufbereitung der medizinischen Produkte entstehenden radioaktiven Abfälle sind zwar weiterhin aktivierte Materialien, für die der Strahlenschutz zu gewährleisten ist, die anfallende Aktivität und Strahlung ist aber im Vergleich zur reaktorbasierten Produktion weitaus geringer.
Vor kurzem wurde die Herstellung von 99Mo durch beschleunigerbasierte Neutronenquellen unter Verwendung von Uran-Targets von der amerikanischen Firma SHINE Medical Technologies vorgestellt. Mithilfe von D/T-Nukleargeneratoren wird dort 99Mo durch Bestrahlung von angereichertem Uran gewonnen. Aktuell plant SHINE Medical Technologies den Aufbau einer entsprechenden Isotopenproduktionsanlage in den Niederlanden.
Weltweit gibt es derzeit nur eine kleine Anzahl beschleunigerbasierter Neutronenquellen, die den Neutroneneinfangprozess nutzen. Keine dieser Quellen bietet einen Neutronenfluss, der mit bekannten Reaktor- oder Spallationsneutronenquellen konkurrieren kann, da die Strahlleistung auf dem Target sehr gering ist. Um einen vergleichbaren Neutronenfluss und eine vergleichbare Leistung zu erreichen, muss die Strahlleistung auf dem Target auf bis zu 100 kW oder mehr erhöht werden. Verschiedene Projekte haben begonnen, solche neuen Quellen zu entwickeln, die meisten davon befinden sich in Europa, wie etwa das SONATE-Projekt in Frankreich oder das ESS Bilbao-Projekt in Spanien. Am Forschungszentrum Jülich wird das sogenannte HBS-Projekt vorangetrieben, das auf eine beschleunigergetriebene Neutronenquelle mit mehreren 100 kW Leistung abzielt, um mit den derzeitigen Reaktor- und Spallationsneutronenquellen konkurrieren zu können. Im Rahmen des HBS-Projekts wurde ein Konzept für einen hochmodernen gepulsten Protonen-Linearbeschleuniger entwickelt und vorgestellt.